Die Abschlussfahrt in der 10. Klasse war etwas Besonderes im jungen Leben eines Schülers in der DDR. Schon einige Jahre vorher war klar, meine Klasse darf zum großen Bruder in die Sowjetunion fliegen, nach Moskau, im Dezember, vermutlich arschkalt.
Der Sommer und Herbst 1989 brachten Veränderungen über ganz Osteuropa. Die Mauer war weg und die Sowjets wurden auch skeptischer betrachtet. Mit der Interflug ging es in der Iljuschin Il-62 nach Moskau-Scheremetjewo. Dort lernte man erstmal, welche Rangfolge es dort gab. Zuerst die Aeroflot, dann die bösen Imperialisten und ganz viel später die Brüder aus den sozialistischen Ländern. So standen wir erstmal eine Stunde irgendwo in der Botanik bis die Il-62 ans Gate durfte. Neben einer riesigen 747 aus Japan wirkte die Iljuschin wie ein Spielzeug.
Moskau selbst war aufregend und deprimierend zugleich. Temperaturen irgendwo um den Gefrierpunkt und alles grau in grau. Passte irgendwie zum Untergang des Sozialismus. Der Rote Platz war für Besucher gesperrt, wegen irgendeiner großen KPdSU Propagandaveranstaltung. So blieb auch das Mausoleum erspart. In den großen Straßen war alles wie immer rausgeputzt, aber kaum eine Straße weiter sah man den Verfall an allen Ecken. Als Tourist wurde man sofort erkannt, argwöhnisch beobachtet, dann nach Westgeld gefragt und wenn man sich als DDR Bürger zu erkennen gab links liegen gelassen.
Ein prägendes Erlebnis war das Kaufhaus Gum. Was hat uns unsere Russischlehrerin Frau Blankensetin davon vorgeschwärmt wie toll Moskau sei, und eben dieses Kaufhaus. Tatsächlich sah die Auslage genauso übel aus wie in den Läden der DDR. Ich erinnere mich, dass in einem riesigen Schaufenster ein Dutzend Putzeimer präsentiert wurden. Echt jetzt? Das sind die Errungenschaften der großen Sowjetunion? Eine Computerabteilung gab es auch, dort gab es ein Diskettenlaufwerk, das war gefühlt so groß wie ein Lada.
Naja, fünf Tage Moskau, beeindruckende Metro Stationen, ein Haufen Kirchen, die keinen wirklich inetressierten, aber der erste Mc Donalds in Moskau, wenige Tage vor der Eröffnung. Die Bilder von der Eröffnung gingen später in den Medien rund um die Welt.
Der Film ist nun 35 Jahre später durch meinen Scanner gezogen und ein paar Bilder sind halbwegs brauchbar geworden. Damals mit 15 Jahren war Fotografie noch nicht mein Steckenpferd.